Samstag, 2. Juli 2011

Wartezimmer, Krankenhäuser und alte Frauen Geschichten

Erst neulich fühlte ich mich einmal wieder nicht wie eine Abiturientin und angehende Studentin, sondern wie eine alte Frau inmitten von Rentnern mit den gleichen Leiden wie ich.
Da ich seit Oktober letzten Jahres viel Zeit in Wartezimmern verbringe kann ich gut mit all den Menschen fühlen, die in den Ruhestand getreten sind und seither die meiste Zeit ihres Alltags beim Arzt verbringen. Inmitten von Zeitschriften, hustenden Menschen und einem wirklich eigenartigen Geruch, den es eben bei jedem Arzt gibt.
Da sitzt man morgens, kurz nach dem Aufstehen, mindestens eine Stunde in dieser Praxis, schweigt sich an und versucht irgendwie die Zeit durch Löcher in die Luft starren herum zu kriegen. Wenn dann der eigene Name aufgerufen wird, springt man förmlich auf, froh darum nicht mehr in dieser unangenehmen Atmosphäre verweilen zu müssen. Nicht, dass man nicht auch nette Menschen beim Arzt treffen würde. Doch irgendwie herrscht in Wartezimmern ja immer diese schreckliche Stille die man nicht zu durchbrechen wagt. Wenn man also mal zufällig jemanden trifft den man kennt, unterhält man sich im Flüsterton und hört auch rasch auf sich zu unterhalten. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass der Rest der Wartenden zu hört und im besten Fall die Geschichte vom letzten Wochenende als man "so super betrunken" war, dass man "vergessen hat sich die Hose wieder zu zu machen", ruft bei den älteren Herrschaften schon eher tadelnde Blicke hervor.
Aufgrund meines Knies, welches laut Arzt mindestens 20 Jahre älter ist als ich selbst, und meiner wunderbaren Alt-Frauen-Erkrankung, finde ich mich vorallem bei solchen Ärzten wieder wo wirklich niemand annähernd so jung ist wie ich.
Da sitzt man dann und wird von den älteren Besuchern eher fragend gemustert, in etwa so wie "bringen sie ihre Großmutter her oder wollen sie wirklich zum Arzt?" oder "Kindchen du bist noch so jung geh doch in die Schule". Auch die Ärzte sind immer sehr verwundert und entrüstet, denn wenn nach Vorerkrankungen gefragt wird, erwartet man bei gerade Volljährigen nicht unbedingt gravierendes. Dann wird gefragt, nach dem behandelnden Arzt und wie der das denn angestellt hätte. Und da es bei mir leider Gottes wirklich an ärztlichem Versagen lag, dass ich nun jede Woche zum Arzt rennen muss, halten sich bis jetzt alle Ärzte, Pfleger und Arzthelferinnen dazu an sich extrem zu echauffieren. Wie denn so etwas passieren könnte? Und was denn da falsch gelaufen sei? So ein sportliches Mädchen und dann sowas!
Leider weiß ich darauf auch noch keine Antwort und kann dazu nur sagen, dass ich jung und unerfahren bin und wenn mir so etwas nochmal passieren sollte werde ich den Arzt nach Strich und Faden zusammen falten. Doch leider habe ich den Namen des betreffenden vergessen und kann meinen lange ausgeheckten und perfektionierten Racheplan nicht an den Mann bringen.
Die schönste Erfahrung war wohl die als ich, aufgrund der beschriebenen Dummheit, fünf Tage im Krankenhaus verbrachte. Auf der Gefäßchirugie war ich mit meinen 18 Jahren 50 Jahre jünger als der nächst älteste Patient auf dieser Station. Eine Dame traf ich jeden Morgen auf dem weg ins Bad. Sie war an die 100 Jahre alt und schlurfte mit ihrem Rollator zum wach werden den Gang hoch und runter. Sie grüßte mich jeden Morgen freundlich mit den gleichen Worte.
"Guten Morgen, junge Dame. Sie sind aber wirklich noch jung für eine Thrombose. Wenn ich fragen dürfte wie alt sie sind?"
"Guten Morgen, 18."
"Was so jung und schon so eine Krankheit? Mein Gott da hatte der Herr aber kein Erbarmen mit ihnen."
Nicht dass es mir wirklich so schlecht gegangen wäre, aber ich muss sagen nach diesen fünf Tagen habe ich die alte Dame doch schon sehr vermisst. Leider habe ich es versäumt sie nach ihrem Namen zu fragen um sie mal zu besuchen und einen Kaffee mit ihr zu trinken.
Diese ganze Misere ist glücklicherweise jetzt wieder auskuriert, mein Blut ist dünn wie eh und jeh und ich kann umherspringen wie ein junges Reh. Doch trotzdem werde ich es wohl auch ein bisschen vermissen mit den lieben alten Damen und Herren ein wenig, wenn auch schweigsame, Zeit zu verbringen.

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